Andrzej Szczypiorski
Schriftsteller
Andrzej Szczypiorski
Schriftsteller
Mit dem Roman "Die schöne Frau Seidenmann" (1986, deutsch 1988) hat sich Andrzej Szczypiorski dem literarischen Bewusstsein Europas fast schockhaft als einer der grossen Erzähler der Gegenwart eingeprägt. Das Buch beleuchtet mit unerbittlicher Psychologie, mit ergreifender Einfühlung und mit schneidender Satire das Warschau der schrecklichsten Zeit im 20. Jahrhundert. Die Wirklichkeit der Geschichte erscheint in einem schillernden Kaleidoskop von Gestalten und Schicksalen. Tausend Einzelheiten fügen sich zusammen zu einem Panorama der Bosheit und Güte, der Verfolgung und Hilfsbereitschaft. Alles ist dokumentarisch genau benannt und ergibt zuletzt doch ein Bild, das für die Summe dessen stehen kann, was Menschen einander an Gutem und Niederträchtigem Überhaupt zufügen können.
Mit Erstaunen nahm man nun auch in Deutschland zur Kenntnis, dass dieser Autor seit den fünfziger Jahren ein immenses schriftstellerisches Werk geschaffen hatte: Romane, Essays, Feuilletons und Reportagen. Man erkannte, wie sich in allen Arbeiten Szczypiorskis sinnliches Erzählen, philosophische Hintergründigkeit und unerschrockene politische Kritik auf charakteristische Weise verbinden. In rascher Folge wurden jetzt seine bedeutendsten Romane, Aufsätze und Reden, aber auch seine jeweils neusten Werke in deutscher Übersetzung aufgelegt und fanden eine breite Leserschaft. Noch im Jahr seines Todes erschien sein letzter Roman "Feuerspiele".
Andrzej Szczypiorski nahm mit sechzehn Jahren am Warschauer Aufstand teil und wurde im KZ Sachsenhausen eingesperrt. Nach dem Krieg arbeitete er als Journalist. Er war zeitweilig Kulturattaché in Kopenhagen und schloss sich in den späten siebziger Jahren der Opposition an. Er wurde mit Druckverbot belegt und erneut verhaftet. 1989 bis 1991 war er Mitglied des polnischen Senats. Zahlreiche Preise bezeugen die Dankbarkeit Europas. Als sein wichtigstes Buch bezeichnete er selbst den Roman "Eine Messe für die Stadt Arras".